Was ist Supervision?

Begriffsbestimmung und Definition von Supervision

Supervision hat geschichtlich viele Wurzeln. Ich greife drei heraus, die mir für eine Begriffsbestimmung besonders geeignet erscheinen, die Sozialarbeit, die Psychoanalyse und der "Supervisor" in der amerikanischen Industrie:

Das Berufsfeld der Sozialarbeiter und Sozialpädagogen war schon immer sehr weit gefasst. Es wurden ständig neue Arbeitsgebiete entwickelt, und man lernte sehr praxisorientiert und entwickelte als Lernmethode Fallbesprechungen. Die Lernenden stellten ihre Arbeit, ihre Fragen und Themen einer Erfahrenen vor, diskutierten mit ihr diese Themen und erfuhren so praxisorientierte Weiterbildung. In Arbeitsbeziehungen, in denen der Erfahrene auch Vorgesetzter ist, kommt diese Lernform als Praxisanleitung zur Anwendung. Daraus entstand Supervision, eine kreative Form des Lernens und Lehrens, die Improvisation zulässt und an der praktischen Arbeit, am konkreten Fall orientiert ist.

In der Ausbildung von Psychoanalytikern* erhalten die Ausbildungskandidaten seit etwa 1920 neben der Lehrtherapie und dem Theoriestudium regelmäßig durch einen erfahrenen Lehranalytiker in ihrer konkreten Arbeit mit den Klienten Supervision: Der Kandidat spricht mit dem Supervisor, einem geübten und erfahrenen Kollegen, die in der Therapie aufgeworfenen Themen durch und erfährt so Anleitung und Rat.

In der Ausbildung in Transanktionsanalyse* hat Supervision seit den Ursprüngen in den 50er Jahren einen zentralen Stellenwert.

In der angloamerikanischen Arbeitswelt wird als Supervisor jemand bezeichnet, der die Arbeitsabläufe koordiniert und überwacht und für die Einhaltung von Qualitätsstandards als Fachaufsicht verantwortlich ist. Anders als der hier in dieser Erklärung definierte Supervisor steht er in einem Arbeitsverhältnis, einem Abhängigkeitsverhältnis zum Supervisanden. Die zentrale Aufgabe bei beiden ist trotz der unterschiedlichen Beziehungsform die Zuständigkeit für Qualität.

Alle drei Wurzeln beschreiben wesentliche Elemente von Supervision sehr zutreffend: Es geht in der Supervision um die Reflexion von konkreter Arbeitsrealität (Fall/Projekt). Es nimmt jemand für sich Hilfe in Anspruch, um sich für seine berufliche Tätigkeit beraten zu lassen mit dem Ziel, eine hohe Arbeitsqualität zu erreichen.

Supervision (lat. supervidere = darüber schauen, beobachten), wie ich sie als Transaktionsanalytiker verstehe und beschreibe, kann inhaltliche Anregung und Prozeßberatung beinhalten. Es geht um die Vermittlung von Wissen und Können über Strukturen, Inhalte und Prozesse. Dabei nimmt der Supervisor eine beratende Grundhaltung ein. Er bietet Hilfe zur Selbsthilfe an, so daß der Supervisand seine eigene berufliche Fähigkeit und Fertigkeiten weiterentwickelt. Dabei bleibt für die Haltung und das Verhalten des Supervisor entscheidend, dass er die Lösung der Probleme nicht vollständig auf sich nimmt oder an sich delegieren lässt. Wenn er inhaltlich fachliche Ideen, Problemlösungen oder Lösungsvorschläge einbringt, so ist das Ziel nicht unbedingt, "einen fertigen Lösungsvorschlag zu unterbreiten, sondern zusätzlich Information zur Entscheidungshilfe bereitzustellen".

Wann und wie inhaltliche Ideen eingebracht werden, muss sorgfältig abgewogen werden, so dass die Supervision nicht zur Fach- oder Expertenberatung wird, in der der Supervisor dem Supervisanden Problemlösungen abnimmt.

Supervision ist also keine Fachberatung oder Expertenberatung, die für das zu beratende System eindeutig fertige Lösung erarbeitet oder temporäre Managementfunktionen übernimmt. Supervision ist Prozessberatung, die dem Klienten hilft, seine eigenen Kräfte und Möglichkeiten zu aktivieren eigene für ihn und zu ihm passende Lösungen zu finden. Der Supervisand bleibt für seine Fragestellungen, Themen, Probleme und deren Lösungen im gesamten Supervisonsprozess selbst verantwortlich.

Im folgenden Abschnitt möchte ich nun charakteristische Merkmale von Supervision beschreiben.