Supervision stellt intuitives und kreatives Lernen dar

In der Supervision kann der Supervisand in seinem intuitiven Vorgehen bestärkt oder korrigiert werden. Sein Vorgehen wird ihm so logisch nachvollziehbar, und er entwickelt dazu eine Fachsprache. Durch diese Schulung wird Intuition* leitbar.

Ein Beispiel für eine Bestärkung der Intuition: Eine Krankenschwester erzählt, wie sie einen Sterbenden und dessen Angehörige begleitet. Sie war unsicher, "ob sie es richtig gemacht habe".

Als sie erzählte, wie sie den Sterbeprozess begleitet hatte, wurde ihr großes Einfühlungsvermögen, ihr Gespür für ein angemessenes Tempo, die passenden Emotionen und ihre Halt vermittelnde Art sehr deutlich, eine rundum gelungene Begleitung eines Trauerprozesses. Sie erhielt in der Supervision zu diesen Punkten Rückmeldung und auf ihr Beispiel abgestimmte Informationen und Modelle zur Begleitung von Trauerprozessen. Auf ihre Nachfrage erhielt sie zusätzlich Literaturempfehlungen.

Häufig berichten Supervisanden über gelungene Arbeitprozesse. Sie brauchen dazu nur noch Sprache zu entwickeln, um diese Prozesse beschreiben und erklären zu können. Dadurch lernen sie, in ihrer Arbeit Intuition bewußt mit Wahrnehmung, Denken und Gefühl zu verbinden; aus der unwillkürlichen Intuition wird geleitete Intuition.

"Intuition ist eine enorme Quelle der Selbstorganisation und -steuerung in der Beratung von Menschen und Systemen. Besonders in hoch komplexen Situationen und bei knappen Ressourcen stellt sie ein unerläßliches Medium der Inspiration dar und ist damit eine Möglichkeit, in professionellen Situationen Überschaubarkeit, Handlungsfähigkeit und wechselseitige Abstimmung herzustellen" (Schmidt 1997, 15).

Aristoteles hat Intuition definiert als ein Wissen über die Wirklichkeit, ohne dass der Wissende weiß, wie er zu diesem Urteil gekommen ist.

Berne griff diese Definition auf und rückte die Intuition in das Zentrum diagnostischer, psychodynamischer und kommunikativer Aufmerksamkeit (Berne 1991).

Schmidt verbindet die Beobachtungen und die Definition Bernes mit der wirklichkeitskonstruktiven Perspektive. Er definiert Intuition als eine "Urteilsbildung über die Wirklichkeit, ohne dass derjenige, der sich ein Urteil bildet, weiß, wie er das tut. Der Urteilende handelt, als ob er ein genaues Wissen von seinem Urteil hätte. Beobachtet er selbst oder andere sein Handeln, können sie aufgrund des Handelns einen Rückschluß auf das Urteil ziehen" (Schmidt 1997, 16).

"Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass der seelische Apparat Eindrücke und Vorgänge auf den verschiedensten Ebenen integriert und zu einem Urteil kombiniert, d.h. Daten werden zu Informationen transformiert. Dadurch wird Überschaubarkeit im Sinne von Handlungsfähigkeit hergestellt."

Schmidt (1997) führt dann weiter aus: "Diese ungeheure Komplexitätssteuerung ist allerdings völlig unabhängig von der Güte des Urteils. Entscheidend scheint (vermutlich aus evolutionären Gründen) allein die Eigenschaft des Urteils, handlungsfähig zu machen. Intuition ist also kein Gütesiegel, sondern heisst zunächst nur, dass das Urteil schnell gefällt und in Handlung umgesetzt wird.

Unter professionellen Gesichtspunkten muß man sich also fragen, ob das, was man tut, adäquat ist, außer dass es sich subjektiv plausibel anfühlt. In der professionellen Entwicklung scheint es deshalb bedeutsam, die eigene Intuition einer Läuterung zu unterziehen, intuitive Urteile zu reflektieren, d.h. zu "versprachlichen", um sie einer professionellen Diskussion zugänglich zu machen.

Supervision kann als ein Hauptinstrument der Intuitionsschulung angesehen werden. Durch die Reflexion mit Hilfe von Metaprogrammen kann die eigene Urteilsbildung unter die Lupe genommen werden. Fragen nach Inhalt und Ebene des Urteils, das dem Handeln zugrunde liegt, oder der Paßgenauigkeit zu Kontext, Rollen- und Aufgabenvariablen können gestellt werden" (Schmid 1997,16).