Supervision ist eine primär induktive Lernform

Die in der Praxis entstandene Wissens-, Verständnis- und Theorieneugier wird in der Supervision aufgegriffen, gestillt und dann wieder auf die Praxis angewandt.

Das übliche und gewohnte Lernmodell in unserer Kultur ist - durch Frontalunterricht geprägt - leider meistens rein deduktiv. Deduktiv meint, dass man mit der Absicht vermittelt, Wissen zu erwerben und dieses dann in der Praxis anzuwenden, was häufig scheitert.

Von der Praxis aus Theorie zu entwickeln, was mit induktivem Lernen bezeichnet wird, und Praxis und Theorie in eine Wechselbeziehung zueinander zu bringen ist für Lernende und Lehrende wesentlich interessanter. Diese Lernform geht von der wirklichen inneren und äußeren Realität aus und verknüpft eigene Wahrnehmung und Motivation mit Erkenntnisneugier.

Mit der isoliert deduktiven Lernform wird meistens unterschwellig auch die Idee vermittelt, Theorie, Modelle oder Konzepte seien Realität oder "Wahrheit", obwohl sie nur gedankliche Konstrukte sind, die Realität, also spürbar Gegebenes, Existierendes vereinfachend abbilden und damit erfassen helfen.

Gedankliche Konstrukte, Modelle, helfen Realität zu erfassen und sich in ihr zu orientieren und zurechtzufinden. Sie sind, wie in der Wirklichkeitstheorie* sehr schön ausgedrückt, Landkarten und nicht die Landschaft.

Die Aufgabe eines Supervisor ist, gemeinsam mit dem Supervisanden Modelle zu entwickeln und schon bekannte Brauchbare zur Verfügung zustellen. Dabei sollte er im Auge haben, wie die Supervisanden damit umgehen. Die Tendenz, Modelle zu Wahrheiten zu machen, ist hoch und führt in eine Sackgasse. Supervision kann und sollte dazu anregen, Modelle als Orientierungshilfen zu sehen, Modelle zu hinterfragen, sie passgenau zu verändern und neue zu entwickeln. Dies ist in der Supervision am konkreten Anliegen sehr gut möglich und ermöglicht dem Supervisanden, seine Fertigkeiten zu üben, Modelle zu entwickeln und Metastandpunkte* einzunehmen.

Die Aussage, daß Landkarten nicht die Landschaft sind, gilt für "äußere" Tatsachen. Bei inneren Vorstellungen fallen Landschaft und Landkarte zusammen.

Supervision stellt in seiner induktiven Art zu lernen nicht bloß Wissensvermittlung dar. Der Supervisand lernt exemplarisch an konkret Erlebtem, wie er sich immer wieder passend zu gegebenen Situationen und zu sich selbst organisiert, Theorie entwickeln und wirksam beruflich handeln kann.

Der Supervisand lernt Zusammenhänge und Funktionen zu begreifen, er übt praktische Intelligenz mit den Facetten Emotion, Verhalten und Kognition.

Der Wirklichkeitstheorie entsprechend hilft ein gedankliches Konstrukt allerdings nur dann weiter, wenn es zu dem vorigen einen Unterschied macht, der einen Unterschied macht.

Die vier psychischen Funktionen nach Jung, Merken, Denken, Intuieren und Fühlen werden geschult.